
Die Jury-Sitzung war wieder einmal so spannend und aufschlussreich, dass ich meine Erkenntnisse gern mit anderen Naschkatzen und Süßwarenfans teilen möchte. Deshalb „leake“ ich im folgenden einige Äußerungen und Zitate, die in der teilweise emotionalen Debatte gefallen sind. Dabei ist klar: Das sind Meinungen einzelner Mitglieder und Ausrisse, von mir erinnert und zum Teil komprimiert wiedergegeben – sie spiegeln also nicht die gesamte, viele Stunden dauernde Sitzung wider! Der Hauptbericht zum Sweetie 2018 mit allen Gewinnern findet sich hier.
- Oreo ist eine zurzeit sehr populäre Trendmarke in Deutschland, ein Frequenzbringer: Wenn irgendwo Oreo draufsteht, wird das gekauft, gerade von den jüngeren. Oreo hat einfach eine große Ausstrahlungskraft auf Kinder.
- Am Ahoj-Kaubonbon kaut man sehr lange, das ist gut, denn chew time = value time – je länger der Konsument kaut, um so zufriedener ist er mit dem Produkt.
- Hier handelt es sich um ein „Me too“-Produkt, das Original kommt von Bassett’s aus England.
- Diese Schokolade ist viel zu süß, viel zu viel Vanille- und Haselnuss-Aromen, vom sensorischen Standpunkt aus kann sie nicht ausgezeichnet werden.
- Dieses Produkt ist ein technologisches Meisterwerk, denn es ist sehr schwer, aus Erbsenproteinen eine so schmackhafte, knusprige Süßigkeit herzustellen, bei der kein Fehlgeschmack durchkommt. Ich würde gern mit denen sprechen, wie sie es gemacht haben.“ (Leider kamen die Ausgezeichneten nicht zur Preisverleihung…)
- Debattenverlauf: „Popping Candy passt super zu Halloween, eingebaut in einen Reissnack – das ist wirklich originell. – Aber wie soll man das an der Haustür den Kindern geben? – „Es ist in Einzelportionen verpackt. – Gut, dann passt es. Der Verbraucher liebt kleine Verpackungseinheiten und Einzelverpackungen.
- Flamingo ist ein Trendmotiv und Kinder lieben Kokosgeschmack. „Lieben Kinder wirklich Kokos?“ – „Ist es mit 6,99 Euro nicht zu teuer?“ – „Es handelt sich um eine Geschenk-Edition mit extrem schöne Verpackung!“ – „Ok.“
- Die Kekslöffel sind innovativ und umweltfreundlich, man sollte sie auszeichnen.
- Es war noch nie so leicht für Food Start-ups in die Märkte zu kommen. Edeka etwa hat regionale Koordinatoren eingesetzt, die u. a. Qualität, Haltbarkeit und Sicherheit der neuen Produkte prüfen und die Gründer beraten. Dazu gibt es die bei Edeka die Plattform Foodstarter.
- Vor zehn Jahren kam kaum ein Gründer mit einer neuen Produktidee vorbei, heute sind es viele. Die größte Hürde sind nicht mehr die Händler, sondern die Ämter. Aber einige Gründer stehen sich auch selbst im Weg und müssen erstmal mit den Anforderungen an Hygiene und Produktsicherheit klar kommen, se müssen Prozesse und Rezepte sicher machen und normieren, und mit den großen Mengen, die schnell abgefordert werden, wenn das Produkt läuft.
- Die Einzelhändler sind bemüht, Food Start-ups einen Einstieg zu ermöglichen, auch weil der Verbraucher kreative Innovationen und viel Auswahl schätzt. Zudem müssen sie ihre Stellung gegenüber Onlinehändlern behaupten durch mehr erlebbare Genussmomente. Wenn ein Händler mit Brot und Kaffeepulver kein Geld mehr verdient, sollte er in seinem Geschäft ein Café einrichten und Kaffee aufbrühen, dann verdient er 50 Cent pro Tasse.
- Bei der ISM hat ein Händler einem Food-Start-up am ersten Messetag nach kurzer Verhandlung auf einen Schlag seine Jahresproduktion abgekauft. „Die konnten ihren Stand gleich wieder abbauen und für den Rest des Jahres in Urlaub gehen…“
- Viele Händler haben sich selbst Quoten für nachhaltige Produkte in den Kategorien gesetzt, zum Beispiel 30%. Die werden auch durchaus erfüllt, im Süßwarenbereich sogar übererfüllt.
- Der große Händlerumsatz in der Kategorie Süßware wird mit den großen Marken wie Haribo oder Milka gemacht. Wenn diese Produkte in Aktion sind, macht eine Supermarktkette damit eine halbe Millionen Euro Umsatz.
- Oft stimmt die Displaysortierung bei Schokoladen nicht: der Händler bleibt jedes Mal auf den unbeliebten Sorten sitzen und muss sich verramschen oder abschreiben. Das liegt auch daran, dass die Paletten der großen Marken häufig im Ausland oder für mehrere Länder gleich gepackt werden, obwohl es länderspezifische Unterschiede in der Beliebtheit einzelner Sorten gibt.
- Saisonale Waren und Bezeichnungen von Sondereditionen als „Frühlings-“ oder „Sommeredition“ sind für den Handel sehr ärgerlich, weil sie die im Herbst wegschmeißen können. Der Verbraucher kauft keine Produkte, die nach eigener Auslobung bereits veraltet sind.
- Endlich bringt Viba eine Tafelschokolade mit Nougat-Füllung raus, darauf hatte man gewartet. Große Übereinstimmung bei der Jury: Die Qualität ist sehr überzeugend, aber warum haben die so eine hässliche Verpackung? (Übrigens: Bei der Preisverleihung erklärte Viba-Marketing-Geschäftsführer Dr. Andreas Steffen, dass man das Schokoladen-Knowhow von der kürzlich übernommenen Confiserie Heilemann benötigte, um die Tafeln in der gewünschten Qualität herstellen zu können. Und die Verpackung der Schokolade war nur ein Muster und wurde schon überarbeitet!)
- Der Sweetie kann als Indikator dienen, um die immense Flopquote bei süßen Innovationen zu halbieren.
- Dieses Jahr wieder viele „Line Extensions“ unter den Einreichungen, aber die 37. Line Extension ist keine wirkliche Innovation.
- Bei der Diskussion über Salz, Fett und Zucker wird vergessen, dass es sich um Genussmittel handelt, von denen man immer nur kleine Mengen verzehrt. Wir wollen die Verbraucher nicht „umerziehen“, sondern Innovationen auszeichnen. Das Leben kann nicht „free from“ sein!
- Es gab weniger Neuerfindungen oder Reformulierungen als erwartet, keine neuen Superfoods, wenig Produkte von regionalen Herstellern oder Start-ups.
Übrigens: Ein ausführlicher Bericht inklusive offizieller Zusammenfassung der Diskussion findet sich in der aktuellen Ausgabe der Rundschau für den Lebensmittelhandel.
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