Lieferjunge für eisgekühlte Organe: Thomas Vorbach jettet für einen guten Zweck durch die Welt

Thomas Vorbach, LIeferjunge für eisgekühlte Organe. Johanniter-Unfall-Hilfe
Thomas Vorbach, LIeferjunge für eisgekühlte Organe. Johanniter-Unfall-Hilfe / ©Oliver Numrich

Rostock/Berlin – Bei den Johannitern gibt es manchmal recht exotische Aufgaben. Zum Beispiel im Hubschrauber als Rettungsassistent mitfliegen oder als Evaluator für Hilfseinsätze durch Krisengebiete stromern. Oder mit einem unscheinbaren Köfferchen durch die Welt jetten. Das macht Thomas Vorbach, 31, für die Rostocker Johanniter und die machen das im Auftrag der Uniklinik. In seinem Koffer frieren menschliche Organe auf crushed ice einem neuen Körper entgegen.
Die Liaison mit den Johannitern beginnt 1997: Medizinstudent Vorbach liest an der Uni Rostock einen Aushang, auf dem die Johanniter Ehrenamtliche suchen. Er schreibt eine E-Mail, die Johanniter laden ihn ein und er wird zum Sanitäter auf Sportfesten und Konzerten von PUR bis Punk. Später steigt Vorbach zum Sanitätsdienstleiter auf und bildet Schülerinnen und Schüler für den Schulsanitätsdienst aus.

Anfangs transportiert Vorbach Organe im Rettungsfahrzeug

Nebenher engagiert er sich in der Ärztevereinigung Marburger Bund, übernimmt Aufgaben in dessen Landesverband und zeitweilig auf Bundesebene. „Irgendwann kam eine Anfrage aus der JUH-Geschäftsstelle, ob ich eine Organfahrt nach Halle machen kann“, erinnert er sich. „Warum nicht“ sagte er und war von da an Lieferjunge der besonderen Art. Unzählige Male raste er mit Martinshorn und Nieren, Bauspeicheldrüsen und Lebern im Gepäck von Rostock zum Flughafen Berlin-Tegel und zurück. „So eine lange Blaulichtfahrt ist immer anstrengend. Oft hört der Vordermann das Signal nicht, manche gehen nicht beiseite, andere wollen sich hinten dranhängen“, sagt Vorbach.

Häufig kutschierte er auch mitten in der Nacht – wenn die OP-Säle für Organentnahmen frei sind – Ärzteteams zur Uniklinik, die das jeweils benötigte Organ dem verstorbenen Patienten selbst entnehmen. Weil er vor zwei Jahren nach Abschluss des Medizinstudiums zu seinem damaligen Freund nach Berlin gezogen ist, übernimmt Vorbach seitdem nur noch den Transport von Knochenmark und Stammzellen von Lebendspendern. Die kommen oft aus den USA.

Menschliches Organ wird wie Medikament behandelt

Letztes Jahr allerdings musste er sogar Knochenmark aus Australien abholen. So einen Trip bereitet er zusammen mit den Disponenten der Lufthansa vor, denn auch hier drängt die Zeit: 48 Stunden hat er von dem Moment an, wo die Organe entnommen wurden und es gibt eine Menge Formalien zu beachten. So braucht man eine Ausfuhrerlaubnis und eine Sondererlaubnis für die Einfuhr. Ein menschliches Organ wird wie ein Medikament behandelt, dass im Zielland eine Zulassung benötigt.

Erschwerend kommt hinzu, dass es keinen international anerkannten Ausweis für Organtransporteure gibt. „Erklären sie mal einem Flughafenpolizisten in Amerika, dass er mein Handgepäck nicht durchleuchten oder öffnen darf.“ Bei einem Transport kurz nach dem 11. September 2001 hatte Vorbach schon eine Pistole vor der Nase, weil die nervösen Grenzpolizisten die Kabel des elektrischen Thermometers für den Zünder einer Bombe hielten. In so einem Moment hilft Vorbach, dass er auch den US-Pass besitzt – sein Vater ist Amerikaner, er selbst wuchs bis zum achten Lebensjahr im US-Bundesstaat Virginia auf. Oliver Numrich

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