Portrait: Wir sind alle ein bisschen verrückt

Frankfurt am Main – Es gibt Sportarten, da fragt man sich: Wie sind die denn da drauf gekommen!? Einrad-Hockey ist so eine. Und natürlich gibt es – wie immer – auch jemanden von den Johannitern, der genau dieser exotischen Sportart mit großem Eifer nachgeht: Julia Ungerer, Jugendgruppenleiterin in Frankfurt am Main und Mitglied der Landesjugendleitung in Hessen. Seit ihrem neunten Lebensjahr geht Julia Ungerer einmal die Woche zur Johanniter-Jugend in Frankfurt-Eckenheim. Ihre Schulfreundin Carola hatte sie beim ersten Mal mitgenommen und Julia „angefixt“. Das Spielen und Basteln hat ihr gefallen, das  Erste-Hilfe-Lernen und an Pfingsten zum Zelten Fahren ganz ohne Eltern. „Uns ist nie langweilig geworden“, sagt Julia, „als wir 16 wurden war gleich klar, dass wir zum BuAla fahren. Da hatten wir auch das erste Mal Kontakt zur Bundesebene.“ Heute ist Julia 20 und leitet gemeinsam mit Carola selbst eine Jugendgruppe. Auch in dieser Gruppe wird viel gespielt, meistens draußen. Dann Toben sie herum oder machen eine Schnitzeljagd durch Eckenheim. Dieses Jahr nahm die Gruppe das erste Mal am Landeswettkampf teil und erreichte gleich den dritten Platz von fünf 5 C-Mannschaften. Und das, obwohl sich einer der Teilnehmer in der ersten Pause beim Spielen den Arm brach. „Wir waren dann den Rest des Tages in der Uniklinik“, stöhnt Julia. Aber so ist das eben, wenn man Verantwortung für einen Haufen wilder Flöhe hat. Mit dem Einrad-Hockey hat sie vor ein paar Jahren angefangen, als irgendwie alle Einrad gefahren sind. „Man lernt das mit Abstützen am Gartenzaun und sehr oft Hinfallen“, sagt sie gequält. Dann hat sie an von der Gruppe „Radlos“ an der Uni gehört und ist einfach mal gucken gegangen. 20 bis 25 Leute kommen da jede Woche zum Radeln und dabei Hockeyspielen zusammen. Nach speziellen Spielregeln wird mit abgesägten Eishockey-Schlägern auf den Ball eingedroschen. Das klingt brutal, aber ernsthaft wehgetan hat sich Julia noch nicht, sagt sie zumindest. „Natürlich gibt es mal einen Bänderriss und einen eingequetschten Daumen, aber nicht mehr als bei jedem anderen Sport.“ Mit ihrer Freundin Andrea hat Julia sogar eine eigene Einrad-Hockey-Mannschaft, die  „Rollenden Rosinen“ aufgestellt, die sie auch trainiert. Wenn alle kommen, sind sie 15 Mann, oder besser 15 Frau, denn es machen fast nur Mädchen mit. Es gibt sogar Europa- und Weltmeisterschaften für Einrad-Hockey. „Alle, die diesen Sport betreiben sind ein bisschen verrückt“, gibt Julia zu. Das Schöne daran sei, dass es keine Feindschaften zwischen den Mannschaften gebe, wie bei Fußball oder anderen Sportarten. Julia hat schon zweimal an Europameisterschaften teilgenommen, für die man sich nicht extra qualifizieren muss – jeder der kommt kann sofort teilnehmen, sofern er vier Mitspieler mitbringt. Dass man in der Zeitung so wenig davon liest, wundert sie nicht: „Einradhockeyleute wollen keine Publicity, sondern Spaß haben, das ist für uns die Hauptsache.“ Im Moment trainiert sie allerdings fast gar nicht mehr, spielt nur noch hin und wieder bei Turnieren mit, weil sie das Freiwillige Soziale Jahr absolviert, ihre Jugendgruppe managt und wegen der Landesjugendleitung genug andere Termine an der Backe hat. „Manchmal fehlt mir dann auch der Antrieb“, gibt sie zu, „aber immer phasenweise werde ich wieder sportlich aktiv.“ Oliver Numrich

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