Orania.Berlin: Luxushotel und Künstler-Wohnzimmer

Hotel Orania Berlin Oliver Numrich

Mit dem Orania.Berlin eröffnet die Hauptstadt-Dependance von Schloss Elmau im Herzen des als widerspenstig geltenden Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain. Auch hier setzen Dietmar Müller-Elmau und sein Team auf Qualität und Kultur. Das 1913 errichtete markante Eckgebäude am Oranienplatz wurde für einen zweistelligen Millionenbetrag zu einem luxuriösen Boutique-Hotel mit 41 Zimmern umgebaut, 50 Mitarbeiter kümmern sich um die Gäste.Wo vor über 100 Jahren der „Oranienpalast“ seinen Gästen Kabarett und Konzerte darbot, steht heute ein glänzender Steinway-Konzertflügel. Er ist der optische und akustische Mittelpunkt des Livingroom im Erdgeschoss des Hotels, in dem sich Restaurant mit offener Küche, Bar, Bühne und Kamin zu einem nur durch farbige Stoffbahnen getrennten Salon verbinden. „Die Gestaltung des Raums ist unser Beitrag zur Gastlichkeit“, beschreibt Managing Partner Dietmar Müller-Elmau, 60, das Konzept, „das Interior Design ist ähnlich wie in Schloss Elmau: Wir kombinieren unaufdringlich zehn verschiedene Sorten Holz, Stoffe und andere Materialien und kontrastieren das mit warmen Licht, das wie das Licht von Sonne und Mond überall gleich ist.“ Der Gast kann an jedem Platz essen, der ihm behagt, und hat mit High, Medium and Low Seating verschiedene Sitzhöhen zur Auswahl. Monotonie sei tödlich für jedes Restaurant oder Hotel ist Müller-Elmau überzeugt. Überhaupt sehe er sich nicht als Hotelier, sondern als unternehmerischer Entwickler: „In erster Linie sind wir kreative Leute und in zweiter Linie, wollen wir damit auch wirtschaftlich überleben.“ Er wolle nicht ein Hotel nach dem anderen eröffnen, sondern mit jedem Haus etwas einzigartiges schaffen, dass es so noch nicht gab.

Hotel Orania Berlin Zimmer Ausblick Oliver Numrich
Der Ausblick aus einem der Zimmer zum Oranienplatz. Man beachte die roten Polster mit den Elefanten-Motiven.

Küchenchef und Geschäftsführer Philipp Vogel, 36, hat in Luxushotels in Europa und Asien gekocht und 2014 einen Michelin-Stern errungen. Im Orania will er bewußt nicht die „große Oper“ kulinarisch inszenieren, sondern setzt auf geschmacklich präzise Zubereitung hochwertiger Produkte: „Wir wollen entschleunigen und es nicht zu kompliziert machen. Wenn ich einen Pulposalat mit lauwarmen Artischocken anbiete, dann besteht der wirklich nur aus diesen beiden Zutaten, aber die sind von höchster Qualität.“ Eine Mittagskarte soll es nicht geben, da in der näheren Umgebung Mittagstisch so günstig angeboten wird, dass man da preislich kaum mithalten könne. Beim Kaffee habe man sich allerdings an den Kiez angepasst, der kostet nur drei Euro. Abends werden kleine Gerichte ab sieben Euro und Hauptgerichte ab 18 Euro angeboten. Unter den Hauptgängen finden sich auch Sharing-Gerichte für zwei oder mehr Personen. „Mit diesen Gerichten zelebrieren wir die Tiere, wie „Rund ums Rind“ oder „Große Schweinerei“ und verwenden auch Bauch und Schwänzchen vom Schwein“, sagt Vogel, das sei eine Frage der Nachhaltigkeit. Wichtiger als Schlagwörter wie „Bio“ oder „Regional“ ist es für ihn, die Lieferanten persönlich zu kennen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Seine Frau Jennifer Vogel übernimmt die Guest Relations im Hotelbetrieb. Die Hotelzimmer sind nicht in Kategorien unterteilt, sondern werden aufgrund der Raumgröße unterschieden. Die kleinsten Zimmer heißen Orania.17 und sind entsprechend 17qm groß, weiterhin stehen Zimmer mit 21 und 25qm zur Verfügung sowie Suiten mit bis zu 136. Im Dachgeschoss wurde ein Salon mit einem weiteren Flügel, Bar, Kamin und vielen Bücherregalen eingerichtet. Die Zimmer sind mit schalldichten Türen, geöltem Eichendielen, handgefertigten Matratzen von Schramm, handgewebten Teppichen und hochwertigen Designermöbeln ausgestattet. Die Kosmetikprodukte und einzelne Angebote in der Zimmerbar stammen vielfach von Berliner Herstellern wie etwa die Pflegeserie i+m oder der Pfefferminzlikör „Berliner Luft“.

Vor allem durch das kulturelle Engagement soll sich das Orania von anderen Stadthotels unterscheiden. „In Schloss Elmau tritt die Weltelite der klassischen Musik, des Jazz und der Literatur auf“, sagt Müller-Elmau, „die meisten von ihnen konzertieren regelmäßig in Berlin, viele von ihnen leben hier. Und deshalb sind wir jetzt auch hier.“ Pianist Julien Quentin ist als künstlerischer Direktor verantwortlich für das musikalische Programm. Die Mischung aus Klassik, Jazz und Elektro, die sich bereits bei der Eröffnungsfeier zu einem Happening entwickelte, soll beibehalten werden. Die geplanten Konzerte und Lesungen sind öffentlich und auch für Nicht-Hotelgäste zugänglich: „Wir sind kein elitärer Club, sondern ein ganz offener Ort. Mehr Multikulti als in unserem Salon gibt es nicht in Kreuzberg, nicht in ganz Berlin!“, so Müller-Elmau.

Hotel Orania Berlin Salon Dach Oliver Numrich
Auch oben auf der Dachetage gibt es einen Salon mit Kamin, Büchern, vielen Sitz- und Fletzmöglichkeiten sowie einem zweiten Flügel.

Zur klassischen Musik allerdings ruht die Küche: „Wenn man Klassik mit rein nimmt, dann muss man kommerzielle Einschnitte hinnehmen“, sagt Müller-Elmau, „ein Restaurant, in dem eine Stunde Still herrscht – das gibt es sonst nicht. Schon bei der Eröffnung haben wir alle Gäste um Ruhe gebeten für das Konzert. Solche Momente der Konzentration und Ruhe in einem Restaurant sind ein außergewöhnliches Erlebnis.“ Durch die großen Fenster hindurch bildet die Oranienstraße einen faszinierenden Kontrast zum Salon: innen Kunst und Geborgenheit, außen rauer Alltag in einem Kiez mit vielen Problemen. Zwar leben nach wie vor etliche kreative und unangepasste Menschen im Bezirk, doch die ungebrochene Nachfrage von außen und steigende Mieten verdrängen immer mehr angestammte Bewohner.
Das neue Luxushotel des vom G7-Gipfel im bayerischen Schloss Elmau bekannten Geschäftsführers, das sich noch dazu direkt am Oranienplatz befindet, auf dem Jahr für Jahr die revolutionäre 1. Mai-Kundgebung ihren Ausgang nimmt, wird daher von manchen Nachbarn und Bezirkspolitikern als Ausdruck einer fortschreitenden Gentrifizierung wahrgenommen.

Doch bisher hielt sich der Protest in Grenzen: ein Farbbeutel traf die renovierte Fassade und einige lustlos beschriftete Pappschilder sind in der Umgebung angebracht. Auf einem steht „Euer Luxus ist unsere Armut“. Vielleicht haben sich die Nachbarschaftsbesuche und das Fest, zu dem das Hotel exklusiv alle Nachbarn eingeladen hat, also bezahlt gemacht. Vielleicht aber sind die Kreuzberger auch längst nicht mehr so engstirnig und genussfeindlich wie das von ihnen – auch in den Medien – gern gepflegte Klischee. Immerhin befinden sich inzwischen etliche Edelrestaurants und -clubs im Bezirk und auch die berühmte Markthalle 9 mit ihrem Street Food Market ist nur wenige Gehminuten vom Orania entfernt. Ohnehin sieht sich Müller-Elmau auf der Seite der Non-Konformisten: „Wir sind auch unangepasst, nicht nur im Design, sondern in allem, was wir machen. Deshalb passen wir so gut nach Kreuzberg!“

Dieser Text erschien zuerst in der AHGZ.

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1 Kommentar

  1. War vor einiger Zedit im Orania frühstücken und anfangs sehr skeptisch, weil ich das Konzept (Minibuffet für kleines Geld und dann jede Scheibe Käse einzeln abgerechnet) stressig fand. Aber die Qualität hat es rausgerissen. Das frische Brot wird z.B. mit Wärmelampen beheizt, das ist einfach unglaublich lecker. Der Kakao ist ein Traum. Und die Atmosphäre insgesamt sehr schön. Verstörend dagegen die Löcher undSprünge auf den großen Glasfronten, die wie Einschusslöcher aussahen (waren aber wohl „nur“ Basebalschläger) Mein Vorschlag: Die Sprünge mit Gold auffülen und die Scheiben als Street-Art deklarieren so im Sinne der japanischen Kintsugi-Kunst.

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  1. Handgemachte Schokoriegel aus der Berliner Candy Farm – Naschkater

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