
Was verbindet Studenten mit ihren Autos und wozu brauchen sie überhaupt fahrbare Untersätze – in den meisten deutschen Uni-Städten gibt es doch Semestertickets und einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr? Wir befragten fünf Studenten, warum sie ein Auto haben und wofür sie es benutzen.
Steffen, 27, studiert im 11. Semester Soziologie an der Freien Universität in Berlin. Seit das Semesterticket für FU-Studenten nicht mehr gilt, nimmt er den Smart. Von seiner WG im Ostberliner Szenebezirk Friedrichshain braucht er eine halbe Stunde zur Uni im noblen Berliner Süden. Den Wagen, Baujahr 1998, hat er für 3.748,89 Euro bei Ebay ersteigert. Bezahlt hat er ihn selbst: aus Aktiengewinnen. „Für Berlin ist er superpraktisch, weil die Stadt total autofreundlich ist. Außerdem findet man immer einen Parkplatz“, sagt Steffen. Nur die lange Fahrt zu den Eltern in der Pfalz wird im Minimobil zur Qual: „Spätestens in den Kasseler Bergen mit fast 10% Steigung überholen uns die LKW.“

Anika, 25, ist seit neun Semestern Lehramtsstudentin für Religion und Englisch an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg. Ihren Golf von 1992, Version Madison, hat sie vor fünf Jahren von der Grußmutter geschenkt bekommen. Im Gegenzug muss sie die Oma damit am Wochenende zur Rheuma-Liga kutschieren. „Als Omi 78 wurde, musste sie das Autofahren schweren Herzens aufgeben“, erzählt Anika, „sie war eine stereotype alte Fahrerin, wirklich eine Gefahr für den Straßenverkehr.“ Früher fuhr Anika jeden Tag von ihrem Dorf Jemgum bei Leer nach Oldenburg eine Stunden bis zur Hochschule. Mittlerweile wohnt sie nur 500 Meter von der Uni entfernt, nimmt aber trotzdem manchmal das Auto: „Wenn ich zu Fuß gehe, werde ich immer von so vielen Kommilitonen und Dozenten angesprochen – das ist mir zu anstrengend…“

Nikolei, 23, studiert Schulmusik an der Berliner Universität der Künste, um später Gymnasiallehrer zu werden. Zum Klavierunterricht fährt er mit einem 35 Jahre alten VW-Kübelwagen, der seinem Freund Holger gehört. „Das beste daran ist, dass man im Sommer damit offen fahren kann“, schwärmt Nikolei, „alle Fenster und Türen kann man rausnehmen, sogar die Frontscheibe kann man wegklappen.“ Ein tolles Auto wenn die Sonne scheint, dafür wird’s im Winter trotz Heizgebläse ziemlich kalt, denn das Vehikel ist kaum isoliert. Auch auf die Autobahn wagt sich Nikolei damit nicht, dafür sei es zu laut, zu langsam und zu unsicher. „Ich nutze ihn meistens, um zur Uni zu fahren, weil ich nicht mit der U-Bahn fahren mag“, gibt Nikolei zu. Oder er macht mit seinem Freund eine Spritztour nach Brandenburg, zum Picknicken am See.

Katrin, 28, studiert im 7. Semester in Hamburg Psychologie, will mal Schulpsychologin werden. Den dunkelblauen Polo mit Goslarer Kennzeichen hat sie vor fünf Jahren von der Mutter übernommen. Die ist damit immer zum Einkaufen gefahren, jetzt soll er der Tochter den Besuch in der alten Heimat leichter machen. Normalerweise kommt Katrin mit der Bahn zum Campus an der Außenalster, denn die Parkplatzsituation sei hier katastrophal. Nur freitags nimmt sie den Wagen, da sei es entspannter. Wirklich gebraucht wird das Auto nur für den Nebenjob, denn die adrette Studentin betreut mehrere Schulkinder in deren Freizeit. Und die müssen alle im Polo von A nach B und zurück gebracht werden.

Alex, 27, macht gerade sein Examen in Sonderpädagogik an der Uni Köln. Er fährt einen Audi 80, Diesel, Baujahr 1989, den er vor drei Jahren von seinem Opa geerbt hat. „J.R.“ nennt er ihn, nach den Buchstaben im Kennzeichen. J.R. ist dafür bekannt, dass er gerne mal ausfällt. In der letzten Woche musste Alex drei mal den ADAC zur Hilfe rufen: Mal war der Keilriemen defekt, dann die Vorglüher, schließlich die Batterie.
Zum Glück ist sein Vater ADAC-Mitglied. „Die sind noch immer freundlich zu mir und ich muss auch nur die Austauschteile bezahlen“, erzählt der künftige Pädagoge. Zur Kölner Uni nimmt er Bus und Bahn, J.R. benutzt er, wenn er für Besuche bei den Eltern und der Großmutter in der Nähe von Bonn. Seine ständige Beifahrerin ist Maureen, eine Schminkpuppe, die er beim Praktikum in England auf dem Müll gefunden hat. „Maureen fährt mit, damit es im Stau nicht langweilig wird“, scherzt Alex, „sie drückt sich dann die Nase an der Scheibe platt oder streckt den Kopf zum Schiebedach hinaus.“
Autor: Oliver Numrich
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