Mein Chips-Projekt (1): Den richtigen Lohnproduzenten finden

Chipstüte
Eine neue Chipssorte für Deutschland!!!

Wie der ein oder andere schon weiß, plane ich, meine eigenen Chips herausbringen. In diesem Beitrag geht nun um die Frage, ob ich sie selbst produziere oder herstellen lasse. Denn heutzutage ist es gängige Praxis in der Lebensmittelindustrie (aber auch in anderen Industriezweigen), dass ein Unternehmen sich um Konzept, Marketing und Vertrieb kümmert und ein anderes die Produktion teilweise oder ganz übernimmt – natürlich genau entsprechend den Vorgaben, die sich der Inverkehrbringer überlegt hat.

Was sind die Vor- und Nachteile der Lohnproduktion?

Vorteile für den Vermarkter:

  • Er muss keine eigene Produktion aufbauen und kann sich ganz und gar auf das Marketing konzentrieren.
  • Die produzierte Menge kann bei steigender Nachfrage (in der Regel) schnell erhöht werden.
  • Technische Probleme sind nicht zu erwarten, denn die Produktion ist bewährt und eingespielt.
  • Der Investitionsbedarf ist geringer, denn es müssen keine teuren Maschinen und Lagerflächen angeschafft werden.
  • Es müssen keine Mitarbeiter für die Produktion gesucht, eingestellt und dauerhaft beschäftigt werden.
  • Der Vermarkter muss gleich mit einer höheren Mindestmenge planen und kann nicht langsam organisch wachsen, etwa indem man erstmal nur die selbst produzierten Produkte in der näheren Umgebung verkauft und dann langsam wächst. (Aber möglicherweise ist das auch ein Vorteil, denn tatsächlich erlahmen sicherlich auch viele Unternehmungen in dieser ersten, schwachen Phase und kommen dann nie auf einen grünen Zweig, weil die Mengen fehlen, die einen vernünftigen Gewinn gewährleisten würden.)

Fazit: Das gesamte wirtschaftliche und technische Risiko ist geringer.

Nachteile für den Vermarkter:

  • Er kommt schwerer an Kredite, denn die Banken können keine Anlagegüter wie Maschinen beleihen.
  • Besondere Ideen oder technische Raffinessen können nur schwerlich und in enger Absprache mit dem Lohnfertiger umgesetzt werden.
  • Man kann nichts in der eigenen Produktionsanlage selbst ausprobieren.
  • Der Vermarkter kommt schwerer an staatliche Fördermittel, denn er hat weder eine technische Erfindung vorzuweisen, noch kann er damit glänzen, viele Arbeitsplätze in der Produktion zu schaffen, worauf die meisten Förderprogramme abzielen.
  • Der Vermarkter gibt die Produktion aus der Hand und ist dadurch abhängig von der Qualität, den Lieferfristen und den Preisen des Lohnfertigers.
  • Man hat mehr Abstimmungs- und Logistikaufwand, wenn Produktion und Vermarktung nicht in einer Hand liegen.
  • Investoren oder Medien kann man keine Produktion vorführen, keine beeindruckenden Förderbänder und große Stapel von Produkten, potentielle Kunden können nciht erfahren, wie das Produkt hergestellt wird.
  • Kunden könnten Misstrauen entwickeln, wenn sie erfahren, dass der Vermarkter nicht auch der Hersteller des Produktes ist. Deshalb sind beide Partner daran interessiert, dass der Hersteller möglichst wenig präsent ist.
  • Der Lohnfertiger könnte (gerade wenn er in China sitzt) die Produktidee klauen und selbst vermarkten.
  • Die Abhängigkeit vom Lohnproduzenten ist höher.

Fazit: Die geringere Anfangsinvestition geht mit einer höheren Mindestmenge und niedrigeren Marge und Abhängigkeiten einher.

Vorteile für den Hersteller

Auch für den Produzenten ergeben sich Vorteile. Auch wenn die für mich jetzt nicht von besonderer Bedeutung sind, möchte ich sie der Vollständigkeit halber doch aufführen:

  • der Hersteller muss sich keine Gedanken um die Vermarktung des Produkts machen.
  • Der Hersteller verkauft seine Waren zum ausgemachten Preis an den Vermarkter – unabhängig vom Markterfolg des Produkts im Supermarktregal. (Wobei ein schlechter Verkauf selbstverständlich mittelbare Auswirkungen auf die weiteren Bestellungen hat).
  • Der Hersteller kann für eine bessere Auslastung seiner vorhandenen Produktionsanlagen sorgen.

Der Gründer eines anderen Snack-Start-ups gibt einen eindeutigen Rat

Ich habe zu dem Thema mit einem anderen Gründer im Bereich Snacks gesprochen. Er sagt: „Finger weg von der Produktion!“ Zwar gebe es keinen Masterplan, der für jedes Produkt und jeden Geschäftsplan passt. Das Ganze hänge schließlich auch von den angestrebten Absatzkanälen und angestrebten Volumina ab sowie der Flexibilität und den Möglichkeiten der Produktionspartner. Doch die Probleme, die bei einer eigenen Produktion entstehen, sind größer: „Investitionen, Kapitalbindung, Personalproblematik, Zertifizierungen (IFS Food), Produktionsausfälle, Laboruntersuchungen und so weiter. All das frisst so viel Zeit, die man eigentlich in Marketing und Vertrieb stecken müsste!“

Am Ende würde trotz allen Aufwands oft viel weniger produziert, als ursprünglich geplant oder bei einem eingespielten Profibetrieb, der nur auf die Produktion optimiert ist und seine Fixkosten auf mehrere Kunden umlegen kann. Das bedeutet, die Stückkosten werden am Ende in der Eigenproduktion häufig viel höher, als man das vorher auf dem Papier ausrechnet.

Tipp eines Chipsgründers: Viele Handmuster ausgeben

Auch von meiner Idee, am Anfang einen Teil der Produktion selbst zu übernehmen, hält mein Kumpel nichts. Zum Beispiel könnte man Chipsrohlinge kaufen und eigenhändig würzen und verpacken. Oder später einen Teil der Logistik selbst übernehmen. Aber genau diese Schnittstelle im Prozess würde dann vielleicht zum Nadelöhr der gesamten Produktion und hält von den wichtigeren Aufgaben Vermarktung und Vertrieb ab.

Besser sei es, erstmal ganz auf die Marge zu verzichten und mit einem kleinen, wendigen Produzenten einen Proof of Concept am Markt zu lancieren. Damit prüft man: Kommt das Produkt überhaupt auf eine ordentliche Drehzahl?!  Danach kann man besser planen, das Produkt anpassen oder beerdigen.

Wieder ein anderer Gründer im Snackbereich riet mir, gerade am Anfang massiv zu „sampeln„, also sehr viele Handmuster an Händler auszuteilen, um die große Menge der ersten Fertigung ausnutzen zu können. Denn am Anfang ist das Produkt schließlich noch nicht in vielen Geschäften erhältlich und man sitzt auf Bergen von Chips aus der Initialproduktion. Die muss man nutzen, um potentielle Vertriebspartner zu gewinnen, bevor die Haltbarkeit abläuft und die Qualität nachlässt.

Nächster Teil hier: Die Flavoristinnen von Bell Flavors.

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3 Kommentare

  1. Liebe Noelle, vielen Dank für Dein nettes Feedback. Auch die neue Sorte Käse-Trüffel-Pommes wird ganz besonderes lecker und schön aromatisch. Noch tüfteln wir an der richtigen Feinabstimmung, aber bald is es soweit. Viele Grüße, Oliver

  2. Ich habe heute die Dinner Chips mit Knoblauch probiert und sie mit der Resthitze des Ofens (es gab Auflauf🤭)
    aufgewärmt und ich muss sagen, meine Tochter und ich sind beeindruckt. Herrlich Knoblauchig 😍.
    Jetzt habe ich auf der Website von der dritten Sorte „Trüffel“ erfahren. Drück mir die Daumen, dass der Edeka sie bald mit ins Sortiment nimmt.

    (Meine Liebe zu Trüffelchips, entwickelte ich im Dezember 2020, durch eine spanische Marke, die als Aktionsware in den Regalen war. Im Frühling selbigen Jahres hatte ich bereits die Freude, Trüffelöl kennen lernen zu dürfen)

    Liebe Grüße

    Noelle aus SG

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