Licensing-Experte Patrick Metyas: Hersteller sollten vorverkaufte Popularität bekannter Figuren nutzen

Sandmännchen 4 Hexen-Sterne 280ml Vanilleeiskrem
Sandmännchen 4 Hexen-Sterne 280ml Vanilleeiskrem

Ich habe in diesem Blog schon oft über internationale Lizenzfiguren geschrieben wie Star Wars, Minions, Spongebob, Hello Kity, die Peanuts oder die Schlümpfe, aber auch schon eine kleine Sammlung mit Süßigkeiten begonnen, auf deren Verpackung deutsche Lizenzfiguren abgebildet sind wie Benjamin Blümchen, Bibi & Tina, die Maus, Tabaluga und andere. An einer Figur kommt man nicht herum – erst recht nicht, wenn man in den neuen Bundesländern oder Berlin unterwegs ist, und das ist das Sandmännchen. Patrick Metyas ist der Mann, der die Lizenzen für das Sandmännchen im Auftrag von rbb media vermittelt und ein ausgewiesener Experte für Licensing. Seine Unternehmen CineConsult hat neben dem Sandmännchen auch noch weitere Lizenzgeber unter Vertrag, darunter zum Beispiel die Comicfigur Petzi, der Bär mit der roten Hose und der roten Kappe aus Dänemark. Ich habe mich mit ihm über das Licensing für Süßwaren in Deutschland unterhalten.

naschkater.com: Herr Metyas, ich sehe immer mehr Süßigkeiten mit Lizenzfiguren darauf. Stimmt meine Beobachtung, dass immer mehr Hersteller mit bekannten Figuren werben?

Patrick Metyas
Patrick Metyas, CineConsult

Patrick Metyas: Tendenziell ist das richtig. Dies liegt aber auch an der Deklination und in der Genese von Lizenzthemen. Schon Disney oder Warner haben in den 1940er und 50er Jahren ihre Stars in der Süßwaren-Industrie lizenziert. Kinder sind nun mal sehr affin gegenüber Naschereien. Dieses Verhalten ist auch durch eine politisch korrekte und bewusste Ernährungserziehung nicht zu verdrängen. Gleichzeitig aber sieht sich die Industrie in der Verantwortung, ihre Produkte für die Zielgruppe Kinder „gesünder darzustellen“ und auch „gesünder herzustellen“. Meistens hinkt aber der empfohlene Menge der Realität hinterher, so dass regelmäßig Pressesprecher eine unglaubliche Leistung vollbringen, gegenüber der Öffentlichkeit die Empfehlungen der Dosis pro Tag zu rechtfertigen. Einige Großunternehmen, die international agieren, verzichten auch ganz auf die Nutzung von Kinderthemen und haben entsprechende Richtlinien erlassen, wonach keine Lebensmittelprodukte mit Kinderthemen in den Verkehr gebracht werden dürfen.

naschkater.com: Welches ist die zurzeit beliebteste Lizenzfigur von rbb media allgemein und im Bereich Süßwaren?

Patrick Metyas: Zweifellos der allseits beliebte Klassiker „Unser Sandmännchen“.

naschkater.com Warum ist es auch für mittelständische Hersteller von Süßwaren oder Startups sinnvoll, eigene Produkte mit Lizenzfiguren zu versehen?

Patrick Metyas: Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen ist es ein immenser Vorteil, eine vorverkaufte Popularität bekannter Figuren zu nutzen. Sie treffen idealerweise die Zielgruppe und sind authentisch. Aber auch für Unternehmen, die aus dem Ausland die ersten Vertriebsschritte in Deutschland unternehmen, kann sich eine „auf Zeit geliehene Beliebtheit und Bekanntheit“ sehr lohnen. Den notwendigen Lizenzgebühren stehen oftmals große Kostenersparnisse für Image, Firmen- und Produktwerbung gegenüber. Bilanziert man die Lizenzaufwendungen zu gesparten Werbeaufwendungen, kann sich jeder Kaufmann freuen. Nicht umsonst arbeiten Hersteller in Italien, UK  oder Frankreich weitaus häufiger mit bekannten Themen bei Markteinführungen oder Relaunches als es in Deutschland derzeit der Fall ist.

Einige Beispiele für Food Produkte mit dem Sandmännchen und seinen Freunden: Kobold Pittiplatsch, Ente Schnatterinchen und Hund Moppi

naschkater.com: Wie erfahre ich, welche Lizenzfiguren ich wo beantragen kann?

Patrick Metyas: Es gibt einschlägige Fachliteratur, es gibt Verbände und für Deutschland ein umfassendes und für jedermann zugängliches Datenbanksystem von brandora.de. Hier kann nach mehreren Filterkriterien die richtige Lizenz gesucht und gefunden werden.

naschkater.com: Was kostet die Lizenzierung eines Motivs für mein Produkt?

Patrick Metyas: Die Kosten für eine Lizenzierung richten sich nach der sachlichen, räumlichen und zeitlichen Nutzung. Als Faustformel gilt: je bekannter und internationaler ein Thema ist und je stärker dieses Thema in den klassischen Massenmedien wie Kino, TV, Online und Print vertreten ist, desto höher sind die Gebühren. Non-Food-Produkte liegen in Schnitt bei 10 % des Handelsabgabepreises, Food-Produkte zwischen 3% und 7%. Je eher es sich um ein Fast Moving Consumer Good handelt, desto geringer sind die prozentualen Nutzungsgebühren, die so genannten „Royalties“.

naschkater.com: Führen Sie bzw. die rbb media auch Beratungen durch, welche Lizenzfigur sich für mein Produkt eignet und wie es grafisch optimal eingebaut wird?

Sandmännchen Autokugel
Sandmännchen Autokugel / Foto: rbb media

Patrick Metyas: Die rbb media als Rechtegeber ihrer eigenen Properties berät natürlich nur dann, wenn sich der Kunde für  ein hauseigenes Thema entschieden hat. Selbstverständlich wird einem Lizenznehmer bei der Gestaltung der Lizenzprodukte umfassend geholfen. Dies beginnt bei der Produktgestaltung und geht über Verpackungsberatung bis hin zur Gestaltung von Online- und Offline-Werbeanzeigen. Ein Agent, der frei am Markt agiert, hat hier einen etwas größeren Beratungshorizont und kann durchaus auch mal von einem Thema abraten, weil entweder die Zielgruppe nicht optimal abgedeckt wird, es eventuell bereits zu starke Konkurrenz gibt oder schlichtweg eine zu geringe Glaubhaftigkeit festzustellen ist. Licensing-Begriffe wie zum Beispiel „erweiterte Zielgruppe“ aus dem „Marketing-Sprech“ sind durchaus auch Ausdruck dafür, dass man versucht, mit allen Mitteln einen Kunden zu überreden oder das Thema entsprechend breiter darzustellen. Dies ist weder förderlich für die Marke noch für den Rechtenehmer.

naschkater.com: Herr Metyas, vielen Dank für das Gespräch. 

Foto: rbb media

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