Was der Konditorlehrling in den 1930er Jahren wissen musste

Bild: CC0 via pixabay.com

Ein sehr interessantes Büchlein ist mir kürzlich in die Hände geraten: ein Ratgeber für den Konditorlehrling aus dem Jahr 1926. Daraus erfährt der geneigte Leser alles über die Prüfungen, die ein Lehrling damals absolvieren musste, Gesundheitslehre, Maschinenkunde und die Grundzüge der Buchführung und die wichtigsten Gesetzesgrundlagen.

Aber vor allem besteht die Handreichung aus einer umfangreichen Berufs- und Warenkunde, in der praktisch alle Speisen, die damals in der Konditorei üblicherweise zubereitet und verkauft wurden, detailliert dargestellt werden.

Buchumschlag "Was der Konditorlehrling wissen muss" von F. W. Eickmeier aus dem Konditoreibücherverlag Nordhausen
Buchumschlag „Was der Konditorlehrling wissen muss“ von F. W. Eickmeier aus dem Konditoreibücherverlag Nordhausen

Diese Süßspeisen muss ein Konditorlehrling beherrschen:

  • Warme und kalte Massen wie Biskuitmassen, Wiener Massen, Sandmassen, Nuß- und Mandelmassen, Baiser und Schaummassen
  • Blätterteig und Mürbteig
  • Hefenteig
  • Tafelgebäck wie Windbeutel und Makronen
  • Eis wie Kremeise, Fruchteise, Sahneeise, halbgefrorene Eise
  • Krem und Schlagsahne
  • Zuckerkochen wie Schwacher Faden, Starker Faden, Schwacher Flug, starker Flug und Bruch oder Karamel sowie die Verwendbarkeit des gekochten Zuckers als Läuterzucker, zum Früchteeinmachen, Kandieren, für Likörbonbons, als Fondant, für gebrannte Mandeln, für Karamel, als gezogener Zucker, gesponnener Zucker, geschmolzener Zucker, Krokant oder für Zuckerfarbe
  • Früchteeinmachen wie Belegfrüchte, Kunstfrüchte, Gelee, Agar-Agar-Gelee, Marmelade, Fruchtsäfte und Fruchtmarkt zu Eis
  • Glasuren wie Wasserglasuren, Fondantglasuren, Schokoladenglasur, Eiweißglasuren, Spritzglasuren und Spritzmarmeladen
  • Weihnachtssachen wie Marzipan, Schokolade, Leb- und Honigkuchen, Baumbehang.

Man merkt schon in dieser Aufzählung, dass der Konditor am Ort früher all die Dinge anbot, die wir heute zumeist als süße Massenware im Supermarkt oder vielleicht noch in der privaten oder Ketten-Confiserie (Arko, Leyensieffer, Hussel etc.) kaufen. Kuchen und Gebäck holen wir heute entweder vom (Ketten-)Bäcker oder als verpackten, haltbaren Kuchen auch aus dem Supermarkt. Dazu war er eben auch am Ort für die Eisherstellung verantwortlich, was heute in aller Regel von italienischen Eisdielen bewerkstelligt wird.

Lexikon der Fachbegriffe und Fremdwörter in der Konditorei um 1930

Am meisten nostalgische Freude machte mir aber das kleine Lexikon der in der Konditorei häufig gebrauchten Fremdwörter, weil hier tatsächlich viele deutsche Bezeichnungen auftauchten, die ich nicht kannte oder die mir entfallen waren. Einige Beispiele:

Fachausdruck/FremdwortDeutsche BezeichnungQuelle
á la glacegefroren
AbflämmenSagt man bei Schaummassen oder Marzipan, die eine kurze Zeit in einem heißen Ofen gehalten werden, bis die Oberfläche eine braune Farbe erhält.
AbnetzenGebäck oder Zuckersachen, die auf Papier festsitzen, mit Wasser abnetzen
AbsterbenSo nennt man das Unansehnlichwerden, das Verlieren des Glanzes bei Glasuren, Bonbons usw.
AromaDuft, Würze, Blume
Arzneikonfektsiehe Morselle
Assesonnierenvon französisch assaisonner qc = etw. schmackhaft machen, würzen - Deutsch: abschmecken; vgl. Englisch: Seasoning = Würze
Ätherischflüchtig
AttrappeScherzhafte Nachbildung zum Füllen mit Naschwerk und dgl.
au fourgebacken
au naturelnatürlich, einfach
Auflauf ist eine aus Staubzucker und Eiweiß oder Tragant angewirkte Masse, die im Backofen aufsteigt, aufläuft
Aufmachennennt man das Formen von Backwerk
BabaNapfkuchen, Gugelhopf
BainmarieHeißwaserbad, Dampfbad
BaiserSchaumgebäck
BaisertorteSchaumtorte oder Sahnetorte
berändernmit einem Rande versehen
Bombegefüllte Eispfeife in Bombenform
BonbonBoltchen, Zuckerwerk
BonbonniereZuckerschachtel, Naschkästchen
BowleWeintrank
BriocheApostelkuchen, Prophetenkuchen
café GlacéEiskaffee
CouleurZuckerfarbe, Bräunung
CremeEine deutsche Bezeichnung fehlt. Es ist jetzt allgemein die Form "der Krem" üblich
CroquantKrokant, eine von geschmolzenem Zucker und Mandeln oder Kokosnuß hergstellte Masse. Eine deutsche Bezeichnung fehlt.
CroquettesKroketten, Krusteln
CroutonBlätterteigstückchen
DekorVerzierung, Aufputz
delikatlecker, köstlich, wohlschmeckend
deliziösköstlich
DropsFruchtbonbon
Erfrischungsbonbonswerden in den verschiedensten Formen und Farben hergestellt. Besonders gern gekauft sind Zitronen- und Apfelsinenschnitten, Pfefferminzdrops, Lebenswecker, säuerliche Fruchtdrops, teils gefüllt, teils ungefüllt. Erfrischungsbonbons werden infolge ihres Säuregehaltes leicht klebrig und daher meist in Wachspapier eingewickelt in den Handel gebracht. Süßwaren-Lexikon
EssenzExtrakt, wird durch Ausziehen von Pflanzen oder Früchten in Flüssigkeiten (Sprit, Wein) oder durch Abdampfen gewnnen
fermentierengären lassen
flambierenabflämmen
fleurierenaufgehen (Blätterteig)
FondantEin zum starken Fug gekochter und tablierter Zucker
GateauKuchen
GelbeMan bezeichnet das Gelbe der Eier kurz mit Gelben, z. B. 16 Gelbe
GeleeGallert, Dicksaft, Fruchtgelee oder auch Gelee von Wein
GlaceGefrorenes, Eis
GlasurÜberzug
GranierenIn Körnergestalt bringen
kandierenMit Zuckerkristallen überziehen
Kanelsiehe ZimtWas der Konditorlehrling wissen muss
KaramelBruchzucker
KartonPappkästchen
KompottEingemachtes
Konfektein deutsches Wort dafür gibt es nichtWas der Konditorlehrling wissen muss
KonfitürekapselnKleine, eckige, runde oder auch ovale Kapseln aus Zinn oder Aluminium mit Riefen in der Wandung. Boden meist mit Schutzmarken oder Firmenprägung versehen. Sie werden, ohne Verwendung von Formen, direkt als Pralinen mit flüssiger Füllung (krustenlos) hergestellt. Die Kapsel ersetzt den Schokoladenhohlkörper. Konfitürekapseln finden sich in jeder feinen Dessertmischung. Süßwaren-Lexikon
KonservezuckerEin bis zum starken Flug gekochter und warm tablierter, abgekochter Zucker
Krokettsin Schokoladenformen hergestellte, 3g bis 10g schwere gifürliche Schokoladenstücke aller Art, auch in stilisierten oder Phantasieformen.Süßwaren-Lexikon
KuvertüreÜberzugsmasse zum Überziehen von Pralinen und Dessert. Sie wird je nach Güte aus feinen oder gewöhnlichem Kakao, Zucker, Kakaobutter, oft auch unter Zusatz von gerösteten Mandeln und Nüssen größtenteils in Fabriken hergerichtet.
Laborantso nennt man den Arbeiter, der die Zuckerkocherei besorgt
LaboratorHerstellung von Platten- und Maschinenbonbons, von Konserven und Morsellen
Lakritzder zu Stangen geformte, eingedickte Saft des Süßholzes, einer Wurzel des im Süden angebauten Süßholzstrauches.Was der Konditorlehrling wissen muss
LäuterzuckerLäuterzucker ist durch Kochen aufgelöster und geläuterter (das heißt geklärter) Zucker, gewöhnlich von 30 Grad.Was der Konditorlehrling wissen muss
LebensweckerKleine, weiße und rote, kissenförmige Bonbons mit Pfefferminzgeschmack.Süßwaren-Lexikon
Liebesperlen gehören zu den Dragees. Sie werden aus Nonpareille hergestellt, indem Schicht auf Schicht aufdragiert wird. Liebesperlen werden in vielen Farben erzeugt, um die Wirkung in der fertigen Mischung zu erhöhen. Süßwaren-Lexikon
Liköresind mit Zuckerzusatz und irgendeinem Geschmack hergestellte Trinkbranntweine.Was der Konditorlehrling wissen muss
MacisMuskatblume oder -blüte
MaizenaMaismehl
MarkenartikelFür sie muss der Süßwaren-Einzelhändler keine Verkaufskalkulation machen, da die Einkaufs- und Verkaufspreise festliegen.Das Süßwaren-ABC von Dr. H. Meyer zu Selhausen (1938)
Melange-Eisgemischtes Eis
Melange-KaffeeMilchkaffee
melangieren, melierenmischen
Melassebrauner, sirupartiger Zuckersaft
MeringueSchaummasse
Mille-feuillesBlätterteig
modellierenformen, ausbilden
Mokkaist eine der feinsten Kaffeearten, aus Arabien stammendSüßwaren-Lexikon
Mokkabohnenwerden aus guten Milch- und Schmelzschokoladen hergestellt und gehören zum Schokoladendessert. Sie enthalten einen halbflüssigen Krem, der mit Mokka- oder Kaffee-Extrakt aromatisiert ist. Mokkabohnen für Schokoladendessert werden ohne Zuckerkruste hergestellt. Süßwaren-Lexikon
Mondaminentöltes Maismehl
MorselleZuckergebäck von Konservezucker
Morselle, auch Morsulus oder Morsuli (Plura)magenstärkendes Zuckerwerk in Form kleiner viereckiger Täfelchen zur Verabreichung von bitterer Medizin, Arzneikonfekt
MousseSchaumeis, Schaumgefrorenes
moussierenschäumen
OrgeatMandelmilch
ParfaitHalbgefrorenes
PastillePlätzchen
PateTeig
PatissierPastetenbäcker
PattisserieKuchenbäckerei, Pastetenbäckerei
PersipanBackmasse aus Aprikosenkernen
Petits fourskleine Stückchen, bunte Sachen
PimentNelkenpfeffer
Plum-puddingRosinenpudding
PralinésPralinen
pralinierenrösten
promptpünktlich
PuréeBrei, Mark, Mus
QualitätGüte, Beschaffenheit
QuantitätMenge, Zahl, Größe
QuodlibetAlles beliebige, Durcheinander
RaffinadeFeinzucker
ReklameEmpfehlung durch Anzeige
RezeptVorschrift
RocksFruchtbonbon
RosetteRöschen
SaisonGeschäftszeit, Gesellschaftszeit
SchabloneForm, Vorlage von Blech oder Pappe
Schmelzbuttergeschmolzene und gereinigte Butter
Schneegeschlagenes Eiweiß
SorbetEistrank, Scherbet
SoufléAuflauf
Spatelauch Spachtel, Holzspahn, Holzlöffel zum Rühren
SpezialitätBesonderheit, Hauptzweig, Hauptfach
SpiritusWeingeist, gebranntes Wasser
SpritAbkürzung für Spiritus
StreuselMan unterscheidet Zuckerstreusel, Konsumstreusel sowie Schokoladen- und Trüffelstreusel. Zuckerstreusel werden aus reinem Zucker auch oft unter Verwendung von Fondantmasse, in verschiedenen Farben hergestellt, während die Konsumstreusel einfarbig (braun) sind, einen Kernaus Fondantmasse, auch Zucker, besitzen, dem Kakaopulver, auch Schokolade, gewöhnlich unter Verwendung von Pflanzenfetten zugefügt ist.Süßwaren-Lexikon
Studentenfutterist eine meist in Cellophanbeutel verpackte Mischung aus Rosinen oder Sultaninen,Mandeln,Haselnüssen, Walnüssen, Paranüssen und öfters auch unter Zufügung von kleinen Dragees.Süßwaren-Lexikon
tablierenreiben, rühren (Fondant, Konserve, Schokoladenglasur), tränken, anfeuchten
Terpelwarmer Raum, gewöhnlich über dem Backofen
ThermometerWärmemesser
Tragantauch Traganth, ist ein ist ein Gummi bzw. ein natürliches Polysaccharid. Als Füllstoff, Stabilisator, Verdickungsmittel oder Geliermittel wird es z. B. Salatsaucen, Backwarenfüllungen und Speiseeis zugesetzt. Es wird Dekormassen wie Blüten- und Modellierpasten beigefügt, um ihnen die erforderliche Elastizität zu verleihen.
tränkennennt man das Begießen von Tortenböden, Kränzen und dgl. mit irgendeiner Flüssigkeit, damit sie saftig werden
TurmericKurkuma auf Englisch, auch Gelber Ingwer, Safranwurzel, Gelbwurz
Tutti fruttiFruchtallerlei
Überraschungstütensind ein 5- oder 10-Pfennig-Artikel für Kinder. Diese bestehen aus bunt bedruckten Papierbeutelchen und enthalten verschiedene Bonbonarten sowie oft Rahmkaramellen, auch Schokoladenwaren, und als Beifügung irgendein kleines Erzeugnis der Spielwarenindustrie.Süßwaren-Lexikon
Vanilledas unbestritten feinste und beliebteste Gewürz der Konditorei. Die Vanille ist die Frucht einer Schlingpflanze, deren ursprüngliche Heimat Mittelamerika ist. Die häufig angepriesene Tahiti-Vanille mit ihren heliotropartigen Geruch ist nicht im entferntesten imstande, die echte Vanille zu ersetzen.Was der Konditorlehrling wissen muss
Vanillinauf künstlichem Wege aus dem Saft junger Tannen und Fichten hergestelltes kristallförmiges Pulver, das einen der Vanille ähnlichen Geschmack enthält und 50mal so stark wie diese ist. Was der Konditorlehrling wissen muss
Vol-au-ventHohlpastete
WeinsteinSetzt sich in Weinfässern bei der Gärung des Weines ab. Aus ihm gewinnt man die Weinsteinsäure, sauer schmeckende farblose Kristalle, die vielfach als Säure an Stelle von Zitronensäure zu Eis, Krem, Glasuren usw. Verwendung finden.Was der Konditorlehrling wissen muss
Zimtauch Kanel genannt, die Heimat des Zimtbaumes ist Ceylon. In der Zeit des stärksten Safttreibens wird der Saft der jungen TRiebe abgeschält und mehrfach ineinandergeschoben und getrocknet. Ceylon-Zimt ist der feinste und den verschiedenen anderen Arten wie Java-Zimt bedeutend überlegen.Was der Konditorlehrling wissen muss
zirkaungefähr

Diese Liste ist nicht erschöpfend und wird von mir laufend ergänzt.

Übrigens habe ich auch schon über eine Sensorik-Schulung der DLG berichtet. 

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